Reisende

"Hm, geht so. Immer, wenn ich mich zu viel bewege, reißt die Kruste wieder auf. Du siehst aber viel besser aus. Das scheint ja ein guter Arzt zu sein." Ein wenig verschwörerisch blickte Adara Mora an, zumindest so lange, bis sie das Essen bemerkte:"Lecker, Schweinerippen mit Weißenklößen. Gibst du mir bitte einen Teller. ich habe einen Bärenhunger."

"Hm, schwierige Entscheidung. Aber ich glaube, ich esse zuerst. Die Salbe wird nicht kalt" Sehr undamenhaft machte sich Adara über das Essen her. "Hm, wie sah der Arzt denn aus?"

"Oh nein, wie peinlich! Ich habe bei dem Jüngeren eben meine Verührkünste geprobt, mit dem Ergebnis, dass er sich panisch umgedreht hat. Ich habe ja weder Wimpern noch Augenbrauen, also sah der Augenaufschlag schonmal sehr merkwürdig aus. Und dann habe ich noch meine staubkornlangen Haare über die Schultern geworfen, um eine duftwolke zu ihm herüberschweben zu lassen. Wenn ich ihn jetzt wiedersehen müsste . . . egal! Hm, wann musstz du dich denn das nächste Mal verarzten lassen?"

"Hoffentlich bringt er seinen kleinen bruder nicht mit. ABer warum will er denn auf einen Tee vorbeikommen? Ach, nicht so wichtig, Hauptsache, er kommt und bringt seinen kleinen Bruder NICHT mit. Ich habe übrigends ein wunderbares Rosenparfum, falls du welches haben willst." Adara grinste. Natürlich würde es mit den beiden nie etwas geben, sie mussten ja weiterziehen, Mora würde sicherlich wieder ach Dragondra zurückwollen, aber Adara wusste aus eigener Erfahrung, dass so etwas ziemlich aufregend ist.

"Ach, Mora. Du musst doch gar nichts mit ihm anfangen. Es ist nur so interessant, zu beobachten, wie sie reagieren. Oh ja, bitte ttu das. Warum möchtest du in den Süden?"

"Aber sicher doch, Frau Doktor." Adara zog das Kleid über ihren Rüken und stellte sich mit dem Rücken zu Mora hin."Dann fangen sie doch mal an." Ihr Tonfall wechselte:" Warum sind deine Eltern denn im Süden?"

Adara pürte, dass Mora noch nicht über dieses Thema reden wollte, deshalb wechselte sie auf ein anderes: ">Mo, du hast ja mal gesagt, Verwandeln sei zu gefährlich für mich. Natürlich kann ich es nicht einfach lassen, und da habe ich mich gefragt, ob du mir nicht . . .also"
Adara wusste nicht ,wie sie es genau sagen konnte, dann fasste sie sich jedoch ein Herz:"Feuermagie beibringen kannst. Wenn Menschen das überhaupt lernen können. Kannst du eigentlich noch andere Arten von Magie?

"Schade. Dann muss ich mit der magie wohl warten, bis zufällig ein Elf an mir vorbeiläuft. Und ich frage lieber nichtnach der farbe meiner Aura, das Ergebnis würde mich nur enttäuschen. Was sagen denn die Auren über einen Menschen aus?"

"Ich weiß es nicht, Mora. Ich habe nahezu mein ganzes Leben lang gelogen, geheuchelt und gestohlen. Aber gut, mach es bitte. Ich werde dich irgendwann eh danach fragen. Bitte schau auch direkt nach, ob ich magiebegabt bin, ja? Obwohl, irgendeine Form davon muss ich wohl können ,eine ziemlich ungewöhnliche sogar. " Adara war nervös.

"Hey, sind ja ganz interessante Ergebnisse. Was? Der Ring ist auch magisch? Seltsam, die Frau muss etwas damt gemacht haben. Klar, schlaf gut, Mora. Ich gehe jetzt auch ins Bett." Adara begab sich ins Bett, doch Schlaf fand sie kaum. Einschneidende Erlebnisse, die hatte sie.

Adara fing völlig unvermittelt an: " Als ich 10 war, ging die Pest um. Zuerst traf es meine Mutter. Eines Abends kam ich vom Spielen nach Hause, und sie lag dort, mit EIterbeulen im Gesicht. Mein Vater hat sie geliebt, und danach konnte er nicht mehr leben, er hat es nur noch für mich getan. Dann hat auch er sich angesteckt. Eines nachts hat er mich ins Bett geschickt. Am anderen Morgen lagen nur noch diese beiden Ringe auf dem Tisch und ein Zettel, auf dem stand, dass ich mich nicht auch noch anstecken solle. Zwei Tage lang habe ich ihn in unserem Haus gesucht, dann bin ich weggegangen. Am Abend dann . . . ich glaube, ich gehe raus." Tränen standen Adara in den Augen, al sie das zimmer verließ.

Eigentlich ging es ihm gut, er war gesund, er war ausgeschlafen, wenn da nur nicht dieser mörderische Hunger gewesen wäre. Er war pleite, und es war schwer an etwas Essbares heranzukommen, wenn man kein noch so einsames Silberstückchen in der Tasche hatte. Er hatte jetzt seit bestimmt drei Tagen nichts gegessen und diese Stadt war auch recht erbarmungslos. Die letzte Nacht hatte er in einer Türnische verbracht. Unterkunft konnte er sich erst recht nicht leisten. Endlich fand er die Herberge. Beim "brummigen Faultier", hatte man ihm gesagt, könnte er versuchen um ein Essen zu feilschen, die Besitzer wären sehr nette und reichlich senile Leute. Sein Magen knurrte laut.
Als er die Gaststätte betrat viel ihm gleich auf, dass es hier nicht allzu vornehm zuging. Gut für ihn. Aus der Küche drang ein himmlischer Duft, der ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Eine alte Frau räumte geschäftig herum, schenkte Bier aus, an die wenigen Gäste, wischte die Tische ab.
"Verzeiht", setzte er an. Die Frau hielt inne, als habe sie ihn gerade erst bemerkt.
"Ja bitte?", sagte sie, freundlich, aber ein wenig misstrauig, so begegneten ihm alle Leute, die Narben in seinem Gesicht ließen nichts anderes zu.
"Man hat mir gesagt, hier würden gute Menschen leben, und ich habe mich gefragt, seht, ich bin auf der Reise und habe keinen Taler mehr in der Tasche, und seid drei Tagen nichts gegessen, ob ich vielleicht, gegen irgendwelche Arbeit etwas zu essen bekommen könnte. Ich mach jede Arbeit, die Sie verlangen."
Immernoch blickte die Frau skeptisch, aber ein wenig Mitleid hatte sich dazu gemischt.
"Was kannst du denn, junger Mann?"
"Was ihr braucht, ich bin ein ausgezeichneter Messerschleifer, aber ich kann auch ebensogut in der Küche helfen, oder den Stall ausmisten." Sein Magen knurrte laut, er legte eine Hand darauf, als wolle er ihn zum Schweigen bringen. Er lächelte die Frau an, was aufgrund der Narbe, die sich aus seinem linken Mundwinkel über seine Wange zog, eher grotesk wirkte.
"Bitte urteilt nicht nach meinem Aussehen, ich weiß, ihr habt schon hübschere Menschen gesehen."
"Ach was, Aussehen, papalapapp. Na dann geh mal den Stall ausmisten, der hat es am nötigsten, und dafür sind emine armen Knochen wirklich langsam zu alt. Danach bekommst du dein Essen."
"Viele Dank", erwiderte Gin und verbeugte sich so tief, dass sein Kopf auf einer Höhe mit dem der kleinen Frau war.
"Keine Ursache, man ist ja kein Unmensch, und verhungern lasse ich auch keinen gerne, was du brauchst findest du im Stall:"

Und so kam es, dass Gin sich als Stallbursche verdingte. Es war nicht sehr viel zu tun, da im Stall nur drei Plätze belegt waren, aber die waren sicher seit zwei oder drei Tagen nicht ausgemistet worden, es stank und Fliegen schwirrten überall. Gin beschwerte sich nicht, er machte seine Arbeit vernünftig und wusch sich danach Arme, Hände und Gesicht mit Wasser aus der großen Regentonne neben dem Stall, dann machte er sich auf den Weg nach drinnen. Sein Magen hatte inzwischen begonnen sich selbst zu verdauen und er achtete nicht recht darauf wo er hinlief.

Tränenübersströmt stürmte Adara aus dem Zimmer und rannte nach unten. Es war nicht so, dass Mora sie verletzt hätte. Es war zu vil gewesen, wie mora sie angesehen hatte. So voller Mitleid für einen Menschen, gür den sie etwas empfand.
Plötzlich nahm ein blaues Auge ihr ganzes Blickfeld ein. Es war wunderschön, mit regelmäßigen Äderchen in der weißen haut und einer klar umrahmten Iris. So unglaublich viele Blautöne waren kunstvoll ineinander verwoben, dass Adara glaubte, völlighineingezogen zu werden. Dann schepperte es, und kochend heiße Suppe ergoss sich über Moras Kleidung. Zu allem Überfluss hatte Adara nun auch noch ein schlechtes Gewissen, Moras Kleidung völlig versaut zu haben, obwohl dies im Moment völlig unwichtig war. Dann schaute Adara in das Gesicht, zu dem das blaue Auge gehörte: ein Verband bedeckte die höhle des anderen, und drei gigantische, hässliche furchen zogen sich durch das ganze Gesicht. Adara stand auf und rannte weiter, zur tür hinaus, durch das Dorf bis weit hinter seine Grenzen. Dort setzte sie sich weinend hin. sie war so dumm. Leise und vorsichtige Schritte ertönten.